Verlassene Hörsäle, leere Stühle in der Mensa, Schweigen auf den Fluren – so könnte es enden, wenn das Universitätsleben in der Zukunft vollkommen durch Technik und den Fortschritt der Digitalisierung bestimmt wird. Ein Beitrag von Finia Jestädt.
Aber bevor wir einen Blick in die Zukunft wagen, wie sich das Universitätsleben aus unserer heutigen Zeit weiterentwickeln könnte, lohnt es sich, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.
Eigenverantwortung und Freiheit
Früher schon war das Universitätsleben stark durch kulturelle Veränderungen geprägt. Dies erklärt auch, warum die Universität Hamburg als Kind des demokratischen Aufbruchs in Deutschland gesehen wird. Insbesondere ging es darum, allen Bevölkerungsschichten einen akademischen Abschluss zugänglich zu machen und nicht nur der Elite. Die daraus resultierenden Veränderungen der Studierendenschaft brachten auch Veränderungen des Studierendenalltags mit sich. Das Studierendenleben war geprägt durch ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Freiheit in der Gestaltung des Studienablaufes. Das bot auch die Gelegenheit, sich zu zerstreuen, weiterzubilden und Lebenserfahrung mit Kommilitoninnen und Kommilitonen auch außerhalb der Universität zu sammeln. Erzählungen älterer Generationen beschreiben die Studienzeit oft als die beste Zeit ihres Lebens und ihre Geschichten fokussieren sich dabei selten auf die Optimierung des Lebenslaufes oder die Jagd nach Credit Points, sondern vielmehr auf das gemeinsame Engagement inner- und außerhalb der Universität oder auch einfach auf gemeinsame Abende in der Kneipe. Inwiefern Technik diese bedeutsamen sozialen Erlebnisse des Studiums verdrängen könnte, war da noch nicht so recht zu sehen.
Digitalisierung: Leerer Campus?
Heutzutage kann man sich das schon eher vorstellen. Die Digitalisierung der Universität ist bereits im vollen Gange. Die meisten administrativen Dinge werden über ein Online-Portal abgewickelt und nur für einige spezielle Fälle muss man zum persönlichen Termin ins Studienbüro. Auch die Bereitstellung des Lehrmaterials erfolgt online, was nicht nur Papier, sondern auch Aufwand spart. Offen bleibt damit noch, inwieweit die Digitalisierung das Studium, wie wir es heute kennen, weiterhin verändern wird. Dabei geht es um weit mehr als nur die Arbeit mit Tablets oder jeglicher anderer Form der neusten Technik im Rahmen der Lehre. Mit der zunehmenden Digitalisierung von Literatur, Lehrmaterialien, aber auch den Vorlesungen selbst, stellt sich die Frage, welche Rolle der Campus als Ort noch haben wird. Werden Bibliotheken und Hörsäle überhaupt gebraucht, wenn alles online abrufbar ist?
Der oder die Studierende der Zukunft müsste also gar nicht mehr in die Universität kommen, um Vorlesungen zu besuchen, sondern kann einfach zuhause bleiben und sie übers Internet am PC hören. Damit würde aber auch die große soziale Komponente des Studierens wegfallen. Es gäbe keine spaßigen Unterhaltungen mit Kommilitoninnen und Kommilitonen zu Mittag in der Mensa, keine gemeinsam erlebten Vorlesungen oder zum Haare raufenden Momente beim Lernen in der Bibliothek mehr.
Jeder, der selbst das Universitätsleben mit Campus, vielleicht auch manchmal weniger spannenden Vorlesungen, den Mensamittagen und vor allem zusammen mit anderen Studierenden erlebt hat, weiß, das würde man nicht missen wollen. Trotz Digitalisierung werden diese Erlebnisse daher hoffentlich immer Bestandteil des Studierens bleiben, neben dem Allerwichtigsten natürlich, der Lehre und Forschung!