Die Reputation einer Universität hängt maßgeblich davon ab, welche wissenschaftlichen Leistungen Professorinnen und Professoren, Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen erbringen. Auch die Universität Hamburg kann mit mehreren Nobelpreisträgern aufwarten, jedoch sind deren Namen vielen Menschen (leider) unbekannt. Einer dieser Nobelpreisträger ist Otto Stern. Ein Beitrag von Robin Stuhr.
Otto Stern wurde im Jahr 1888 in Sohrau im damaligen Schlesien geboren. Sein Studium führte ihn – wie damals üblich – in verschiedene deutsche Städte, darunter Freiburg und München. Schließlich landete er in Breslau, wo er das Studium beendete und 1912 in Physikalischer Chemie promoviert wurde. Stern schlug eine wissenschaftliche Karriere ein und arbeitete an Universitäten in Prag, Zürich (gemeinsam mit Albert Einstein), Frankfurt, Berlin und Rostock. Im Jahr 1923 nahm Otto Stern einen Ruf nach Hamburg an und besetzte damit die gerade neu geschaffene Professur für Physikalische Chemie.
Hamburg wird führendes Zentrum für Molekülstrahlen
Im nächsten Jahrzehnt prägte Stern die Physikalische Chemie in Hamburg. Einer der Gründe dafür, dass die Universität Hamburg Otto Stern für sich gewinnen konnte, war das Versprechen großer Räumlichkeiten für Experimentalversuche. Aber genau wie heute war es auch schon vor 95 Jahren mit Bauvorhaben so eine Sache, so dass die erste Zeit von starken Platzproblemen geprägt war. Durch die Fertigstellung von Räumlichkeiten an der Jungiusstraße konnte die Stadt ihrem Versprechen jedoch bald gerecht werden. Stern brachte aus Frankfurt die Technik der Molekülstrahlmethode mit und entwickelte sie in Hamburg weiter. Für die nächsten zehn Jahre war Sterns Wirkungsort das weltweit am besten ausgestattete Molekülstrahllabor. Spätere Labore dieser Art wurden meist von Sterns Schülern oder deren Schülern begründet. Um einen Molekülstrahl zu erzeugen, waren große Geräte notwendig. Ein Nachbau lässt sich im Eingangsbereich des heutigen Instituts für Physikalische Chemie in der Grindelallee 117 anschauen. Um einen wirksamen Molekülstrahl zu erzeugen, muss ein hohes Vakuum erzeugt werden. Dies war in der Vergangenheit ein wesentlich größeres Problem als es heute ist. In Sterns Labor konnten die Wissenschaftler ein Vakuum von 10-4 mbar erreichen, für damalige Verhältnisse ein guter Wert. Heutzutage können in Forschungseinrichtungen durchaus Vakua von 10-12 mbar realisiert werden. Das heißt, dass in heutiger Zeit ein 100.000.000 mal stärkeres Vakuum als zu Sterns Zeiten erzeugt werden kann. Umso beeindruckender ist die Vorstellung, dass unter den damaligen Bedingungen bahnbrechende Entdeckungen gemacht wurden.
Entdeckungen im Zigarrenrauch
Neben der Ausstattung unterschieden sich auch die Gepflogenheiten in den Laboren. So hat Otto Stern gerne und viele Zigarren in seinem Labor geraucht, was heutzutage undenkbar wäre. (Dabei muss angemerkt werden, dass er nicht mit brennbaren Chemikalien hantiert hat.) Aber genau dieser Zigarrenrauch verhalf Stern zu einer seiner wichtigsten Entdeckungen im Zuge des Stern-Gerlach-Experiments. Gemeinsam mit seinem Kollegen Gerlach untersuchte er, ob ein Strahl von Silberatomen in einem starken Magnetfeld in zwei Teilstrahlen aufgespalten wird. Da ein Atomstrahl nicht sichtbar ist, sollte der Nachweis über eine Glasplatte am Ende des Versuchsaufbaus erfolgen. Im Falle von zwei Teilstrahlen müssten sich zwei silberne Flecken darauf bilden. Nachdem die beiden Wissenschaftler das Experiment durchgeführt hatten, entfernte Gerlach die Glasplatte. Auf dieser war jedoch nichts zu erkennen, da sich zu wenig Silber für einen sichtbaren Effekt abgelagert hatte. Er reichte die Platte dem rauchenden Stern und dabei geschah es. Der Zigarrenrauch enthielt Schwefel, welcher sofort mit dem Silber zu schwarzem Silbersulfid reagierte. Es wurden zwei dunkle Flecken sichtbar und das Experiment war somit geglückt.
Otto Sterns Schaffensphase an der Universität Hamburg dauerte leider nur 10 Jahre. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde er auf eigenen Antrag entlassen. Damit wollte er seiner drohenden Entlassung als Nichtarier – Stern war Jude – zuvorkommen. Er emigrierte in die USA und kehrte niemals wieder nach Deutschland zurück.
Glückwunsch
Ich wünsche der Uni Hamburg, Heimstätte vieler Entdeckungen zu sein – auch trotz Rauchverbots. Robin Stuhr