Schon vor 100 Jahren hatten die Studierenden der Uni Hamburg unterschiedliche soziale Hintergründe. Auch von den so genannten Arbeiterkindern gab es einige an der Uni Hamburg und genau um diese geht es in meinem – Anja Frerichs – heutigen Blog-Beintrag.
Arbeiterkinder?!
Wer sind überhaupt diese Arbeiterkinder? Als Arbeiterkind bezeichnet man „Kinder“, die aus einer nicht-akademischen Familie stammen, das heißt, deren Eltern nicht an einer Universität studiert haben. Auch ich bin ein Arbeiterkind, aber dazu später mehr. Im Jahre 1985 waren ungefähr 13 Prozent aller Studierenden der Uni Hamburg Arbeiterkinder.[i] Und auch noch heute liegt der Anteil der Studierenden der UHH mit niedriger Bildungsherkunft bei 10 Prozent.[ii] Damit ist gemeint, dass weder Vater noch Mutter einen Hochschulabschluss haben.

Arbeiterkinder – damals
Damit wir uns alle besser in die Lage von Arbeiterkindern „damals“ versetzen können, habe ich Herrn Meyer[1] befragen dürfen. Vorab möchte ich mich nochmal bei ihm für das Interview bedanken. Herr Meyer war selbst Student an der Uni Hamburg. Er studierte ab 1972 VWL an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP), einem Vorläufer des jetzigen Fachbereichs Sozialökonomie der Uni Hamburg und schloss danach ein Soziologie-Studium an der Uni Hamburg mit anschließender Promotion erfolgreich ab. Er war damals das, was wir heute als Arbeiterkind bezeichnen. Meyer verließ die Schule nach der siebten Klasse, machte eine Berufsausbildung und sammelte Berufserfahrung. Mit 26 Jahren begann er dann zu studieren. Durch seine Motivation litt er häufig unter selbstgemachtem Druck, welcher Albträume auslöste. Das Studium finanzierte er sich durch BAföG und durch einen kaufmännischen Nebenjob. Den Zugang zu Informations- und Beratungsmöglichkeiten beschreibt Meyer als eher zufällig und schwer, da es seiner Wahrnehmung nach keine institutionelle Informations- oder Beratungsstelle für Leute ohne Abitur gab, sondern alles über Mundpropaganda lief.
Arbeiterkinder – heute
Auch noch heute stehen viele Arbeiterkinder vor solchen Problemen. Glücklicherweise helfen heute aber Organisationen wie zum Beispiel Arbeiterkind.de Interessierten und Studierenden bei Problemen vor und während des Studiums, aber auch beim Einstieg ins Arbeitsleben.[iii]

Arbeiterkind.de ist eine Organisation von Ehrenamtlichen und ist deutschlandweit tätig. Das Ziel von Arbeiterkind.de ist es, Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrungen zum Studieren zu ermutigen und ihnen die dafür nötigen Informationen bereitzustellen. Ich selbst bin auch ein Arbeiterkind und habe leider erst während meines Studiums von Arbeiterkind.de erfahren und hätte zum Beispiel beim BAföG-Antrag, der Uni-Bewerbung oder auch bei der Wohnungssuche gerne auf eine solche Organisation zurückgegriffen, um persönliche Hilfe zu bekommen. Natürlich ist es heutzutage, besonders durch das Internet, leichter, an relevante Informationen zu gelangen, dennoch wird man dort häufig von Informationen überflutet und es fehlt auch an persönlicher Unterstützung, die Arbeiterkinder oft benötigen. An der Uni Hamburg fühle ich mich alles in allem wohl, dennoch gibt es ab und zu unangenehme Situationen, zum Beispiel wenn man mit den Kommilitonen über die Berufe oder den Bildungsweg der Eltern spricht. Häufig haben Kinder aus Akademikerfamilien es meiner Meinung nach auch einfacher, an Jobs oder Praktika zu gelangen, da ihre Eltern Kontakte haben, welche zum Beispiel bei meiner Familie eher nicht vorliegen.
Arbeiterkinder – morgen
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass alle Arbeiterkinder, die den Wunsch haben zu studieren, sich auch dafür entscheiden und sich nicht von ihren Ängsten oder ähnlichem davon abhalten lassen, sondern sich Hilfe holen, zum Beispiel bei Organisationen wie Arbeiterkind.de.

Quellen
[1]Alias (Interviewpartner möchte echten Namen nicht veröffentlichen)
[i]Klee, M. (1987): Zur sozialen Situation der Studierenden an Hamburger Hochschulen : Sonderauswertung d. 11. Sozialerhebung d. Dt. Studentenwerks e.V. (DSW) im Sommersemester 1985 für d. Studierenden d. Univ. Hamburg
[ii]Schirmer, H. (2017): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Hamburg 2016. Regionalauswertung der 21. Sozialerhebung des DSW durchgeführt vom DZHW für das Studierendenwerk Hamburg (nachfolgende Zahlen auch hieraus)
[iii]Website Arbeiterkind.de (sowie nachfolgende Information)