Die Universität Hamburg feiert 2019 ihr 100-jähriges Jubiläum. In diesen 100 Jahren brachte die Universität viele berühmte Persönlichkeiten hervor. Ihr wahrscheinlich bekanntester Absolvent war der SPD-Politiker Helmut Schmidt, der von 1974 bis 1982 der 5. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war. Ein Blog-Beitrag von Fabian Haas.
Helmut Heinrich Waldemar Schmidt wurde am 23. Dezember 1918 in Hamburg-Barmbek als ältester von zwei Söhnen in eine Lehrerfamilie geboren. Er beendete die Schule 1937 mit dem Abitur und wurde noch im gleichen Jahr zum Wehrdienst bei der Flakartillerie eingezogen. In der Reichsarmee arbeitete er unter anderem im Reichsluftfahrtministerium und wurde bis zum Rang eines Oberleutnanten befördert. 1944 im Zweiten Weltkrieg an die Westfront beordert, äußerte er Kritik am NS-Regime und sollte vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Dies wurde jedoch von ihm wohlgesonnen Generälen verhindert, die ihn stets versetzten, sodass er von der Justiz nicht belangt werden konnte. Im April 1945 geriet Schmidt dann in britische Kriegsgefangenschaft, aus welcher er jedoch bereits wieder im August 1945 entlassen wurde. Direkt danach begann er an der Universität Hamburg Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaft zu studieren. Sein Studium beendete er 1949 als Diplom-Volkswirt.
Die politischen Stationen des späteren Bundeskanzlers
Des Weiteren trat Schmidt ebenfalls 1945 direkt nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (SPD) bei. In den folgenden Jahren arbeitete sich Schmidt in der Politik- und Parteilandschaft nach oben und hatte zahlreiche Posten bzw. Positionen inne. Er startete als Vorsitzender des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“ (SDS) in der Britischen Besatzungszone 1947/1948. 1949–1953 arbeitete er in der „Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg“ unter anderem in leitender Position. 1953–1962 und 1965–1987 war Schmidt Abgeordneter des Deutschen Bundestages. 1968–1984 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD; 1965–1967 stellvertretender und 1967–1969 erster Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Mitglied des europäischen Parlaments war er 1958–1961.
Bundesweit bekannt wurde Schmidt in seiner Tätigkeit als Senator der Polizeibehörde bzw. Innensenator 1961–1965 der Freien und Hansestadt Hamburg. Hier machte er sich einen Namen als Krisenmanager bei der Sturmflut 1962, von der die deutsche Nordseeküste allgemein, Hamburg jedoch stark betroffen war. Schmidt ermöglichte hierbei – ohne eine entsprechende klare gesetzliche Grundlage – den Einsatz der Bundeswehr im Inland, um schnelle, unkomplizierte Hilfe leisten zu können. Dadurch erlangte er insbesondere in Hamburg, aber auch deutschlandweit eine große Popularität in der Bevölkerung.
1969–1972 war Schmidt Bundesminister der Verteidigung unter der ersten sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt. In dieser Zeit verkürzte er die Wehrpflicht und gründete Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München. 1972–1974 war er Bundesminister der Finanzen im zweiten sozialliberalen Kabinett unter Kanzler Brandt.
Die Kanzlerschaft
Nachdem Willy Brandt 1974 als Bundeskanzler zurücktrat, wurde Schmidt vom Bundestag zum neuen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt und in der Bundestagswahl 1980 samt seiner sozialliberalen Koalition bestätigt. Als Kanzler musste er Deutschland durch Ölkrisen und eine weltweite Wirtschaftsrezession leiten. Des Weiteren kam der linke Terrorismus der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) im „Deutschen Herbst“ mit mehreren Anschlägen, Entführungen und Ermordungen auf. Nach vorheriger Verhandlungsbereitschaft mit negativen Erfahrungen zeigte Schmidt hier im Verlauf eine harte Linie und weigerte sich, mit den Terroristen über etwaige Gefangenenaustausche zu verhandeln. Dies mündete unter anderem in der Ermordung des von der RAF gefangen gehaltenen Präsidenten der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA) und des „Bundesverbands der Deutschen Industrie“ (BDI) Hanns Martin Schleyer. Schmidt verfügte zusammen mit seiner Ehefrau Hannelore „Loki“ Schmidt in dieser Zeit, dass, sollte jemand von ihnen entführt werden, sich der Staat dadurch ebenfalls nicht erpressen lassen sollte.
Politisch war Schmidt insbesondere die deutsch-französische bzw. europäische Zusammenarbeit wichtig. So war Schmidt maßgeblich mit an den Vorläufer-Strukturen der Europäischen Union und des Euro als gemeinsame europäische Währung beteiligt. Auch in die Gründung der G7 war Schmidt stark involviert. Als die Sowjetunion atomar mit neuen auf Europa gerichteten Raketen aufrüstete, sprach Schmidt dies offensiv an, was zum „NATO-Doppelbeschluss“ führte. Dieser beruhte darauf, in Westeuropa ebenfalls NATO-Mittelstreckraketen aufzustellen, jedoch der Sowjetunion den gegenseitigen Verzicht auf diese Waffen anzubieten. Sowohl in der Bevölkerung als auch in der SPD regte sich heftiger Widerstand insbesondere gegen die Positionierung atomarer Raketen in Deutschland und damit auch gegen die Person Schmidts. Dies und Streitigkeiten in der Wirtschafts- und Sozialpolitik führten 1982 zum Bruch in der Koalition der SPD mit der FDP und schließlich zu einem erfolgreichen konstruktiven Misstrauensvotum, bei dem Schmidt abgewählt und Helmut Kohl als neuer Bundeskanzler einer Koalition aus CDU/CSU und FDP gewählt wurde. Die CDU sollte dann die von Schmidt eingeschlagene Richtung in der Sicherheitspolitik fortführen.
Nach seiner aktiven politischen Laufbahn blieb Schmidt weiterhin vielfältig engagiert; zum Beispiel als Mitherausgeber der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“, als Publizist und Buchautor, Mitglied der Atlantik-Brücke, zusammen mit seiner Frau in der „Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung“ und diversen weiteren Stiftungen und Arbeitskreisen.
Am 10. November 2015 starb Helmut Schmidt in Hamburg-Langenhorn. Bis heute ist er einer der prägendsten Bundeskanzler der Republik und gilt als wahrscheinlich berühmtester Hamburger jemals.
Quellen
https://www.hdg.de/lemo/biografie/helmut-schmidt.html
https://www.jubilaeum.uni-hamburg.de/100-jahre-uni.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Schmidt
https://www.helmut-schmidt.de/