Wir schreiben das Jahr 1958. Das Atomium in Brüssel ist beinahe fertiggestellt, Johannes XXIII ist kurz davor, Papst zu werden und in Flensburg wird die Verkehrssünderdatei eingerichtet. Inmitten dieser bedeutsamen Ereignisse wird an der Universität Hamburg ein klobiger großer Kasten aufgebaut – der IBM 650. Die Geburtsstunde der Informatik hat in Hamburg geschlagen. Doch niemand ahnt, welch lange Reise ihr noch bevorsteht. Einen Überblick gibt Leon Ahmadi.
1958–1972: Die Gründung des Fachbereichs
Alles begann also mit dem IBM 650, dem ersten Digitalrechner am Campus, genauer am Institut für Mathematik. Wer die Lehrveranstaltungslisten regelmäßig studierte, stieß bald auch auf die Wörter „Programmierung elektronische Rechenanlagen“. Aber noch waren es vor allem Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlerinnen sowie Mathematiker und Mathematikerinnen, die in diesen Kreisen verkehrten.
Der nächste Rechner, ein Telefunken TR4, ließ nicht lange auf sich warten. Ab 1963 wurden die Räumlichkeiten des neu eingerichteten Rechenzentrums durch ein solches Prachtexemplar geschmückt. Der informatische Schwerpunkt hatte sich nun hierher verlagert. Knapp acht Jahre später – endlich – wurde die Informatik schließlich als Studiengang in das Vorlesungsverzeichnis aufgenommen. Kurz darauf wurde ebenfalls die Fachschaft Informatik gegründet.
Wohin mit den Informatikern?
Die Informatik wurde immer wichtiger und bahnte sich ihren Weg in das Bewusstsein der Menschen. Spätestens in den 80er-Jahren war vielen der Personal Computer ein Begriff. Und so wuchs auch zunehmend das Interesse am Studium der Informatik. Doch wo sollten die Studierenden untergebracht werden? Ihr Nomadentum hat Geschichte.
Am Anfang der Hamburger Informatik war ihr Heim an der Sedanstraße, eine Nebenstraße der Grindelallee. Dort, wo die Hausnummer 19 prangt, befand sich der provisorische Standort der Informatik. Zumindest solange, bis die Fachschaft 1972 in den Neubau in die Schlüterstraße 70 zog. Eigentlich war dieser Standort für die Erziehungswissenschaften gedacht. Und so kam es auch bald, dass sich ein Mangel an Platz bemerkbar machte. Die Informatik musste sich wieder auf die Suche nach weiteren Räumlichkeiten machen und so wurden Teile der Fachschaft an andere Standorte ausgegliedert. Demzufolge verteilten sich sämtliche Arbeitsgruppen über die Stadt hinweg.
Wie zu erwarten war, kamen Stimmen auf, dieser Aufsplitterung der Fachschaft ein Ende zu setzen. So kam es, dass im Jahr 1991 die Informatik nach Stellingen zog. Hier, wo sich einst das Forschungslabor von Philips befand, stand den Informatikern ab sofort ein eigener Campus in direkter Nachbarschaft zu den Zebras, Giraffen und Löwen des Hagenbeck Tierparks zur Verfügung.
Zukunftsplan: Campus Bundesstraße
Wir schreiben nun das Jahr 2019. Die Universität Hamburg feiert ihr hundertjähriges Jubiläum und die Informatiker treibt es immer noch an den Stellinger Campus. Es hat sich also nicht viel geändert in den letzten drei Jahrzehnten. Zumindest noch nicht, denn die nächste „Informatikerwanderung“ steht schon bevor – es geht zurück ins Zentrum. Genauer gesagt in die Bundesstraße, also fast dorthin zurück, wo es einst angefangen hatte. Hier werden gerade die ersten Spatenstiche für die beiden Neubauten gegenüber dem Geomatikum gesetzt. Für knapp 160 Mio. Euro [1] entstehen hier neben Hörsälen und Seminarräumen auch eine Bibliothek und eine Mensa auf rund 30.000 m2 [1]. Voraussichtlich 2022 werden die Bauarbeiten abgeschlossen sein, so dass es dann für die Informatiker wieder „Kistenschleppen“ heißt. Bleibt nur zu hoffen, dass sich dort viele Informatiker-Generationen wohl fühlen werden.
Glückwunsch
100 Jahre existiert die Universität Hamburg nun – und knapp 60 sind es auch schon für die Informatik. Fing es einst an mit riesigen Rechenmaschinen, die ganze Räume ausfüllten, so tragen wir heute mit unseren Smartphones ein Vielfaches der Rechenleistung in unseren Taschen mit. Umso spannender also, auf welche Geschichte die Studierenden in 100 Jahren blicken werden – der Uni Hamburg und der Fachschaft Informatik eine gute Reise! Leon Ahmadi
Quellen
[1] https://www.hamburg.de/bwfg/wissenschaft-baut/uhh/uhh-in-informatik/
https://de.wikipedia.org/wiki/1958