Die Erinnerung an das nationalsozialistische Unrecht ist an vielen Plätzen der Stadt sichtbar. Auf dem weitläufigen Gelände der Universität Hamburg gibt es unterschiedliche Stätten, die uns auf schmerzliche Geschehnisse während der Zeit des Nationalsozialismus aufmerksam machen. Linnea von Stuckrad stellt drei sehr unterschiedliche Formen der Erinnerungskultur an der Universität Hamburg in diesem Beitrag nach einer kurzen Einordnung der Universitätsgeschichte vor.
100 Jahre Universität Hamburg
Mit ihrem hundertjährigen Bestehen hat die Universität Hamburg bereits einige bedeutende geschichtliche Ereignisse miterlebt. Zwar ist sie für eine Universität noch recht jung (zum Vergleich: die Universität Heidelberg wurde 1386 gegründet, die Universität Köln im Jahr 1388), doch blickt man auf das vergangene Jahrhundert zurück, werden historische Geschehnisse deutlich, die das Leben vieler Menschen nachhaltig beeinträchtigt und zerstört haben. So wurden beispielsweise jüdische Mitglieder der Universität Hamburg verfolgt und umgebracht (siehe dazu auch den Beitrag zu den Stolpersteinen von Elisa Ritz am 19.2.2019). Umso wichtiger ist es, dass diese Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten. Eine Gedenkstätte ist ein Ort, an dem in künstlerischer Form mit einem Mahn- oder Denkmal auf ein historisches Ereignis hingewiesen wird. Die Einrichtung und Aufrechterhaltung von Gedenkstätten im öffentlichen Raum ist ein Weg, auf den Holocaust aufmerksam zu machen und daran zu erinnern. Rund um die Universität Hamburg wurden verschiedene Erinnerungsorte eingerichtet; drei davon werden im Folgenden beispielhaft beschrieben.
Platz der jüdischen Deportierten
An diesem Ort laufen die meisten Studierenden fast täglich vorbei. Er befindet sich auf einer Grünfläche zwischen der Edmund-Siemers-Allee und der Moorweide, also auf dem Weg vom Bahnhof Dammtor zur Stabi. Die Gedenkstätte erinnert an die systematische Deportation von Menschen, die als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden. An diesem Ort wurden ab dem Jahr 1941 öffentlich Menschen versammelt, die daraufhin in Ghettos und Vernichtungslager deportiert wurden.
Seit 1983 gibt es hier ein Mahnmal. Es besteht aus einem Granitblock, der aus sieben kleineren Steinen zusammengesetzt ist. Der Künstler Ulrich Rückriem gab der Struktur der einzelnen Steine eine T-Form, die mit der Klagemauer in Jerusalem und den hebräischen Buchstaben „t“ für „Leiden“ und „Tod“ assoziiert werden kann. Mehrere Infotafeln weisen auf den geschichtlichen Hintergrund hin. Auf dem Foto ist zu erkennen, dass Menschen auf der Infotafel kleine Steine ablegen – ein jüdischer Brauch, um der Toten zu gedenken und somit eine Handlung der Erinnerung.
Wandbild „Jüdische Kultur am Grindel“
Dieses Wandgemälde befindet sich gut sichtbar am Gebäude des Departments für Wirtschaft und Politik (Von-Melle-Park 9) und wurde 1995 eingeweiht. Das Bild entstand in Zusammenarbeit der Künstlerin Cecilia Herrero und Studierenden und bildet das rege kulturelle Leben im Grindelviertel vor Beginn des Nationalsozialismus ab. Im Grindelviertel lebten früher viele jüdische Menschen, es gab unterschiedlichste Geschäfte, kulturelle Einrichtungen, Schulen und zwei Synagogen.
Auf dem Wandbild sind riesige Risse durch das kulturelle Leben dargestellt, mit welchen die nachhaltige Zerstörung dieses soziokulturellen Raumes assoziiert wird. Zwischen diesen ist ein Gedicht der jüdischen, deutsch-schwedischen Literaturnobelpreisträgerin Nelly Sachs abgebildet, welches auf die Bedeutung von fortführender Erinnerung an die Zeit hinweist. Weiterhin sind in das Wandgemälde mehrere Plakate integriert, auf denen Botschaften wie „Nie wieder Krieg“ und das Zusammenhalten aller Gegnerinnen und Gegner des Nationalsozialismus geschrieben sind.
Synagogenmonument am Joseph-Carlebach-Platz
Bis zum Jahr 1939 stand hier eine Synagoge, in der bis zu 1200 Menschen Platz finden konnten. Ihre Kuppel war vierzig Meter hoch. Die Umrisse und die Kuppel sind heute durch ein Bodenmosaik der Künstlerin Margrit Kahl sichtbar und erinnern an das Bauwerk. Durch die Lage direkt am Grindelhof und ihre Größe stellte die Synagoge ein Symbol für das Selbstbewusstsein und die Gleichstellung der in Hamburg lebenden jüdischen Menschen dar.
In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Gebäude beschädigt. Einige Monate später wurde die jüdische Gemeinde gezwungen, das Grundstück weit unter Wert zu verkaufen und die Synagoge auf eigene Kosten abzureißen. Während des Krieges fand die jüdische Bevölkerung im Keller des noch heute bestehenden Pferdestalls (Allende-Platz 1) Zuflucht vor den Luftangriffen, während die „arische“ Bevölkerung Zugang zu einem nahe gelegenen Hochbunker hatte. An der Wand des Bunkers befindet sich in Richtung des Synagogenmonuments eine Gedenktafel, welche mit dem Satz endet: „Möge die Zukunft die Nachfahren vor Unrecht bewahren.“
Universität gestern – heute – morgen
Die beschriebenen Gedenkstätten sind eine kleine Auswahl der Beiträge zur Erinnerungskultur, die sich in Hamburg rund um die Universität finden lassen. Weiterhin befinden sich auf den öffentlichen Gehwegen diverse Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig. Die errichteten Denk- und Mahnmale leisten einen bedeutsamen Beitrag, uns auf die Geschehnisse während und nach der Zeit des Nationalsozialismus und des Holocaust aufmerksam zu machen.
Quellen
http://www.gedenkstaetten-in-hamburg.de/fileadmin/downloads/Gedenkstaetten_Wegweiser_Auflage3.pdf
https://www.gedenkstaetten-in-hamburg.de/gedenkstaetten/
Weiterführende Links
https://vergangenundvergessen.de/touren/juedisches-hamburg/