Die Stadt Hamburg bietet alles, was das Herz begehrt. Gerade kulturell kann die Hansestadt ihren Gästen sowie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern jeden Wunsch erfüllen. Obwohl – wirklich jeden Wunsch? Es gibt etwas, das Besucherinnen und Besucher jahrzehntelang nach Hamburg strömen ließ und heute dennoch nur als Lücke in der Hamburger Museumslandschaft existiert: das Naturkundemuseum. Ein Beitrag von Lukas Aldag.
Rund zehn Millionen Objekte lagern heute in den wissenschaftlichen Sammlungen der Universität Hamburg. Wer diese teilweise einzigartigen Schätze begutachten will, muss jedoch feststellen, dass sie auf drei Museen in teils baufälligen und versteckten Universitätsgebäuden aufgeteilt sind. Die Unterbringung in einem zentralen, repräsentativen Gebäude, das Forschung, Sammlung und Ausstellung verknüpfen könnte, wäre ein starkes Signal für den Wissenschaftsstandort Hamburg und böte zudem eine Plattform für das öffentliche Interesse an Evolution und Biodiversität, die dem Reichtum der Sammlungen gerecht werden würde.
Doch zunächst der Reihe nach…
Im Mai 2018 hätte das Naturkundemuseum der Stadt Hamburg sein 175-jähriges Bestehen feiern können. Als Naturhistorisches Museum war es 1843 von Hamburger Bürgern, deren Sammlungen zugleich die Grundlage des Museums bildeten, gegründet worden. 1891 erfolgte der Einzug in ein eigenes Gebäude am Steintorwall in direkter Nähe zum Hauptbahnhof. Es war bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg durch Bomben während der Operation Gomorrha im Jahre 1943 das zweitgrößte Naturkundemuseum des Deutschen Kaiserreiches und außerdem das meistbesuchte. In dem durch die Brandbomben verursachten Feuer gingen unzählige Schätze des Museums verloren, das Museum selbst wurde nie wieder aufgebaut. Heute steht an dem ehemaligen Standort mitten in der City ein Elektrogroßmarkt. Einige Teile der Sammlung konnten gerettet werden, die 1969 von der Stadt in den Besitz der Universität übergeben wurden. Danach wuchsen die Sammlungen Jahr für Jahr an und zählen mittlerweile zu den bedeutendsten Sammlungen Deutschlands. Die rund zehn Millionen vorhandenen Objekte sind heute aufgeteilt in drei Sammlungen: die mineralogische, die geologisch-paläontologische und die naturwissenschaftliche. Ein Bruchteil davon wird in einem jeweils dazugehörigen Museum ausgestellt. So existiert bereits seit 1984 das zur Universität Hamburg gehörige Zoologische Museum, das 2014 mit dem Mineralogischen und dem Geologisch-Paläontologischen Museum zum Centrum für Naturkunde (CeNak) zusammengeführt wurde.
Versteckte Schätze
Die Museen und die Sammlungen sind in versteckten und teils auch baufälligen Universitätsgebäuden untergebracht. Außerdem haben die Museen zum Teil nur an wenigen Wochentagen geöffnet. Diese Aspekte stehen im Widerspruch zu dem Reichtum der Sammlungen und den damit gebotenen Chancen für Bildung, Forschung und Ausstellung. Auch der Wissenschaftsrat der Stadt Hamburg kam schon 2008 zu dem Schluss, dass die Unterbringung in den sanierungsbedürftigen Gebäuden inadäquat sei.
Vision Evolutioneum
„Vision Evolutioneum“ heißt das Vorhaben, das die Universität Hamburg seit dem Jahr 2015 vorantreibt und das idealerweise in einem an einem zentralen Ort gebauten Naturkundemuseum münden soll, das die Felder Forschung und Sammlung mit öffentlicher Erlebbarkeit verbindet. In einem Architekturworkshop entstanden mögliche Entwürfe für ein „Evolutioneum“ und auch ein erstes Finanzierungskonzept für einen Neubau wurde der Stadt durch das CeNak bereits vorgelegt. Mit Gründung der Stiftung Naturkunde Hamburg, die als erklärtes Ziel unter anderem die Schaffung eines neuen Naturkundemuseums hat, und ferner mit der Beantragung der Aufnahme des CeNak in die renommierte Leibniz-Gemeinschaft wurden in den letzten Monaten und Jahren weitere Schritte unternommen, damit die Hansestadt wieder ein Naturkundemuseum bekommt. Das Evolutioneum wäre sowohl für die Stadt Hamburg als auch für die universitäre Forschung Hamburgs ein starkes Zeichen für die Zukunft.