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Das Kolonialinstitut, Vorläufer unserer heutigen Universität

23. April 2019 admin Keine Kommentare

Hamburg ist schon seit Jahrhunderten ein weltweit wichtiger Handels- und Wirtschaftsstandort; dank seines großen Hafens, dem Ausgangspunkt für wichtige Geschäftsbeziehungen. So ist es nicht verwunderlich, dass Anfang des 20. Jahrhunderts die Wahl für den Standort des Kolonialinstituts auf Hamburg fiel, dessen Geschichte eng mit der der Universität Hamburg verknüpft ist. Ein Rückblick von Meret Sypli.

Ende des 19. Jahrhunderts steckte ganz Deutschland im Kolonialfieber. Man erhoffte sich von den Kolonien in aller Welt neue wirtschaftliche Absatzmärkte und Rohstofflieferanten. Jedoch stellte die Ausbildung von Kolonialbeamten die damalige deutsche Regierung vor Probleme. Im Allgemeinen herrschte der Tenor, dass der Dienst im Ausland die beste Ausbildung sei, was in der Realität nicht ganz der Wahrheit entsprach. So gab es keine bestimmte „Kolonialbeamtenlaufbahn“ oder gesonderte Vorbereitung, was zu verschiedensten Problemen in den Kolonien führte.

Gründung des Kolonialinstituts

Gleichzeitig wurde in Hamburg die Forderung nach einer Universität immer lauter. Bisher lehnten vor allem Kaufleute, die auch prominent in Bürgerschaft und Senat vertreten waren, die Idee einer weiterführenden Bildung immer wieder aus Kostengründen ab. Werner von Melle, einer der Väter der Universität und Namensgeber für den Platz am Hauptcampus, setzte sich jedoch als Leiter der Oberschulbehörde für die Gründung einer Universität ein. Er versuchte, Freunde von einer Universität in Hamburg zu überzeugen und ließ keine Gelegenheit verstreichen, die Idee einer Universität zu fördern.
Um die Jahrhundertwende erfreuten sich verschiedene wissenschaftliche Anstalten großer Beliebtheit, deren Ausgaben paradoxerweise jährlich von der Bürgerschaft genehmigt wurden. Dabei kosteten Preußens Universitäten vergleichsweise mehr – Berlin einmal ausgenommen. Diese zahlreichen Institute sowie das Allgemeine Vorlesungswesen schienen die ideale Grundlage für ein zentrales Kolonialinstitut in Deutschland zu sein. Außerdem waren in Hamburg die Symbole für die Handelsbedeutung der Kolonien allgegenwärtig und viele deutsche Kolonien entstanden aus den Landerwerben Hamburger Kaufleute. So musste sich Berlin Hamburg gegenüber beim Wettrennen um das Kolonialinstitut geschlagen geben.

Das Afrikahaus in der Altstadt erinnert an die Handelsbeziehungen, die Hamburger Kaufleute in die damaligen Kolonien unterhielten. Quelle: Eigene Aufnahme

Unterricht im Kolonialinstitut

1908 wurde das Kolonialinstitut gegründet, das neben der allgemeinen Kolonialwissenschaft auch Sport und Technische Hilfswissenschaften lehrte. Kaufleute, Beamte und Landwirte lernten dort das Handwerkszeug, das sie in ihrem späteren Dienst in den Kolonien anwenden konnten. Neben den eher theoretischen Kursen wie Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft oder Biologie wurden auch ganz praktische Kurse wie ein Erste-Hilfe- oder ein Kochkurs gelehrt. Außerdem konnten sich die Studierenden für verschiedene regionale Schwerpunkte wie Westafrika oder Ostasien entscheiden und erhielten unter anderem Sprachkurse.
Die bis zu siebzig Dozenten lehrten auf die Berufsrichtung der Studierenden spezialisierte Studienpläne. Die Landwirte konnten so Vorlesungen zu Tier- und Pflanzenzucht in den Tropen besuchen. Besonders Kaufleute nahmen das Angebot an, sich als Hospitanten weiter zu bilden. Dafür brauchte man nur volljährig zu sein und in den Augen eines Professors über genügend Vorwissen verfügen. Obwohl das Kolonialinstitut zwischenzeitlich fast 400 Hörer und Hospitanten hatte, legten nur ein Dutzend davon das Diplomexamen ab. Thema einer Abschlussarbeit war zum Beispiel „Die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutsch-Ostafrikas in ihrer Abhängigkeit in Oberflächengestaltung, geologischem Aufbau, Klima, Fauna und Flora.“
Wegen des Ersten Weltkrieges blieben bald die Hörer aus, so dass das Kolonialinstitut schon 1917 seine Lehrtätigkeit einstellte. Jedoch ging 1919 der gesamte Lehrkörper in die neu gegründete Universität über.
Auch heute noch ist Hamburg ein führender Standort für Fächer wie Afrikanistik oder Orientalistik mit dem im Jahr 2000 gegründeten Asien-Afrika-Institut mit 1200 Studierenden. Natürlich hat sich der Schwerpunkt der Lehre und Forschung seit der Gründung des Kolonialinstituts deutlich verschoben. So wurde 2013 eine Forschungsstelle für Hamburgs (post-)koloniales Erbe eingerichtet, um die koloniale Geschichte Hamburgs aufzuarbeiten.

Ich möchte der Universität Hamburg zum 100-jährigen Bestehen gratulieren. Ich finde es lobenswert, dass sich in Hamburg an die Kolonialzeit erinnert wird, und würde mir wünschen, dass kulturelle Vielfalt und Internationalität in Hamburg besonders an der Universität auch in der Zukunft als eine Bereicherung angesehen werden. Meret Sypli

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