Medizin studieren gestern und heute


Im Mai dieses Jahres feiert die Universität Hamburg ihr 100-jähriges Jubiläum, und die medizinische Fakultät war von Anfang an dabei. Grund genug, einen Blick auf die Entwicklungen und Veränderungen in diesem Gebiet zu werfen: Was unterscheidet das Medizinstudium heute von dem vor hundert Jahren? Was waren wichtige Meilensteine in der Geschichte dieser Fakultät? Ein Beitrag von Kim Nikola Rosebrock.

Am 5. Mai 1919 wurde die Universität Hamburg und mit ihr die medizinische Fakultät eröffnet. Damals fehlten die Mittel für ein neues Universitätsklinikum, so dass Unterricht in sämtlichen Krankenhäusern und medizinischen Instituten der Umgebung stattfand. Bereits im ersten Semester schrieben sich 120 Studierende, davon 20 Frauen, ein. In den folgenden Jahren entstanden teilweise Neubauten oder Erweiterungen mit neuen Hörsälen. Trotzdem hatten die Studentinnen und Studenten keinen Aufenthaltsraum oder eine Bibliothek. Nach und nach wurde der Unterricht hauptsächlich in das Allgemeine Krankenhaus Eppendorf verlegt. Erst 1934 erfolgte dann die endgültige Umwandlung zum Universitäts-Krankenhaus Eppendorf (UKE).

Dunkle Vergangenheit

In den Jahren nach 1933 machte der Nationalsozialismus auch vor der medizinischen Fakultät keinen Halt. In Folge dessen wurde jüdischen Mitmenschen das Medizinstudium verweigert, oder sie wurden exmatrikuliert. Gleiches erfuhren kommunistisch oder sozialdemokratisch aktive Studierende. Teilweise kam es zu Verhaftungen. Margaretha Rothe (1919–1945) und Friedrich Geussenhainer (1912–1945) mussten sterben, weil sie sich am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligten. Unter den Hochschullehrerinnen und -lehrern sowie Ärztinnen und Ärzten kam es ebenfalls zu Entlassungen und Verhaftungen. Bis heute dauert die Aufarbeitung dieser Verbrechen an.

Modell für das Studium der Anatomie, Bild: Anja Meyer, Foto- und Grafikabteilung UKE

Früher war die „Große Vorlesung“ durch den leitenden Professor eines Instituts Kernstück des Medizinstudiums. Doch mehr und mehr wurden praktische Tätigkeiten integriert: präparieren, mikroskopieren, experimentieren und anderes. Seit 1924 gibt es die klassische Trennung in Vorklinik und Klinik. Zu den vorklinischen Fächern gehören vor allem Anatomie, Physiologie und Biochemie. Das heißt, es werden die Grundlagen vermittelt. Darauf folgt als Prüfung das Physikum. Anschließend widmen sich die Studierenden in der Klinik den einzelnen klinischen Disziplinen (zum Beispiel Chirurgie oder Innere Medizin).

Historische Mikroskope in der Sammlung des Medizinhistorischen Museums Hamburg, Bild: Anja Meyer, Foto- und Grafikabteilung UKE

Medizinstudium heute

Diese Aufteilung besteht bis heute. Um die theoretischen Inhalte noch mehr mit klinisch-praktischen Inhalten zu verzahnen, führte die medizinische Fakultät 2012 in Hamburg den integrierten Modellstudiengang iMED ein. Zentraler Bestandteil ist der Unterricht in Modulen, in dem alle betroffenen Fachrichtungen zu dem jeweiligen Thema unterrichten und Leiterkrankungen vorstellen. Diese Themen wiederholen sich aufeinander aufbauend in den drei großen Studienabschnitten. Statt des Physikums gibt es nach dem dritten Semester (oder später) die mündlich-praktische Prüfung „Normalfunktion“. Neben klassischen Vorlesungen, Seminaren und Praktika lernen die Studierenden auch direkt am Krankenbett oder beim „Problemorientierten Lernen“ durch die Besprechung von Fällen. Nach jedem Modul können die Studierenden in der Lehrevaluation Feedback geben und so Lob oder Kritik äußern.
Heute studieren 4.266 Studentinnen und Studenten in Hamburg Medizin (inklusive Promovierende). Mit 6.361 Beschäftigten (in Vollzeitäquivalenten) an der Medizinischen Fakultät stellt sie gleichzeitig den größten Anteil an Beschäftigten an der gesamten Universität (10.129,1) dar.[1]

Gratulation an die Universität Hamburg zu ihrem 100. Geburtstag. Ich wünsche, dass in den kommenden 100 Jahren der Unterricht weiterhin ständig verbessert werden kann und dabei mit den Studierenden in den Dialog getreten wird. Ein Schritt in die richtige Richtung stellt dabei die Lehrevaluation in iMED (integrierter Modellstudiengang Medizin) dar.
Kim Nikola Rosebrock

Quellen

[1]Jahresbericht 2017, Universität Hamburg, Stand Mai 2018, https://www.uni-hamburg.de/uhh/profil/fakten/jahresberichte/jb-2017.pdf

Die Informationen und Bilder zur Geschichte des Medizinstudiums stammen aus der Dauerausstellung des Medizinhistorischen Museums Hamburg. Vielen Dank für die freundliche Genehmigung.


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